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Erfahrungsberichte von aktuellen und ehemaligen Freiwilligen:

Kultur, Marketing und Kirchenpolitik

Wer unter der Woche vormittags die Messe im Trierer Dom besucht, kennt Anna Gerhards – und hat wahrscheinlich schon den ein oder anderen Plausch mit ihr gehalten. Denn die junge Frau aus Neef ist seit vergangenem Mai Bundesfreiwillige in der Dominformation. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Gottesdienstgemeinde am Eingang der Domkirche zu begrüßen. Das ist jedoch nur ein Aspekt ihres Freiwilligendienstes. Auch privat beschäftigt sich die 18-Jährige, die auf zehn Jahre Erfahrung als Messdienerin zurückblickt, mit aktueller Kirchenpolitik, und zeichnet ein präzises Bild davon, wie sich ihre Kirche verändern muss, damit sich die Menschen wieder zu ihr hinwenden.

Wenn Anna Gerhards morgens um viertel vor neun die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher willkommen heißt, spürt man die Herzlichkeit, die in ihrer Stimme liegt. Kaum jemand geht an ihr vorbei, ohne reflexartig die Mundwinkel nach oben zu ziehen. Ob das immer so ist? Anna schmunzelt. „Meistens sind die Leute sehr freundlich”, versichert sie. Manchmal kriege sie aber auch Unmut ab, etwa wenn ungeduldige Touristen den Dom während des Gottesdienstes nicht betreten dürfen. „Ich bleibe dann einfach freundlich”, sagt sie und lächelt gelassen. „Wenn jemand patzig wird, reflektiere ich das im Nachhinein und versuche, das nicht auf mich zu beziehen. Momentan sind die Leute wohl einfach von der Hitze genervt”, vermutet sie mit Blick auf das Thermometer, das schon am Vormittag unaufhaltsam in Richtung der 30-Grad-Marke klettert. Zugleich erlebe sie immer wieder, dass Touristen eigentlich nur den Dom besichtigen möchten, auf ihren Hinweis hin aber kurzentschlossen den Gottesdienst mitfeiern. Dass sie jeden Tag mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakt kommt, gefällt ihr: „Vom ‘Stammgottesdienstbesucher’ bis zu Schülergruppen, die mich um Auskunft bitten, ist alles dabei. Im Freiwilligendienst lernt man, mit den unterschiedlichsten Menschen umzugehen.”

„Die Kirche sollte endlich im 21. Jahrhundert ankommen”

Ob sie deshalb den Dienst in der Dominfo gewählt hat? Nicht nur. Die kultur- und tourismusinteressierte Moselanerin bekommt daneben Einblick in Marketing und Verwaltung. Ein weiterer Bonus sei das stadtgeschichtliche Wissen, das sie quasi nebenbei aufsaugt. Da ihr Freiwilligendienst ein Fulltime-Job ist und auch noch die Fahrtzeiten vom Heimat- zum Arbeitsort hinzukommen, bleibt unterm Strich weniger Zeit für Hobbies. Wenn sie doch mal Freizeit hat, verschlingt sie Romane und geht spazieren oder trifft sich mit Freunden. 

Ihren zehnjährigen Dienst als Messdienerin – vier Jahre davon als Messdienerleiterin – hat sie nach dem Abitur aufgegeben. Aktuelle kirchenpolitische Debatten hat Anna dennoch auf dem Schirm: „Die Kirche sollte endlich im 21. Jahrhundert ankommen”, kommentiert die junge Frau, die sich regelmäßig über Leitmedien und Wissensmagazine wie etwa „Katapult” auf dem Laufenden hält. Ihre Forderungen? Der Zugang von Frauen zu allen Ämtern in der katholischen Kirche sowie die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften: „Wenn man Autobahnen segnen kann, dann ja wohl auch Menschen, die sich lieben!” Sie habe die Hoffnung, dass ein echter Wandel geschehen könne, insbesondere wenn sich vermehrt jüngere und progressive Leute engagieren und wichtige Ämter übernehmen. „Ich glaube, kleine Schritte wie die Diakoninnenweihe sind realistisch in den kommenden zehn, 20 Jahren. Dass Frauen und Männer aber wirklich gleichgestellt sind in der Kirche, ist leider noch ein langer Weg.”

Die Kirche muss Glaubwürdigkeit zurückgewinnen

Ein weiterer Punkt treibt sie um: „Die Missbrauchsskandale müssen schnellsten aufgearbeitet werden. Priester, die Missbrauch begangen haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. ” Denn nur so habe die Kirche eine Chance, ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, weiß die 18-Jährige. Vor allem dürfe man nicht klein beigeben: „Da muss man Druck machen: laut die eigene Meinung vertreten und darauf achten, dass sie auch gehört wird”, empfiehlt sie. Man müsse „mehr Leute mit ins Boot nehmen, sich vernetzen und Öffentlichkeit herstellen für diese berechtigten Forderungen”.

Im kommenden Frühjahr endet ihr Bundesfreiwilligendienst in der Dominformation. Bis dahin hat sie noch jede Menge Zeit, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Was sie danach machen wird, weiß sie noch nicht – wahrscheinlich etwas in Richtung Sprach- oder Gesellschaftswissenschaft. Bis es soweit ist, wird Anna noch viele Menschen zum Gottesdienst begrüßen, zahlreichen Touristen Auskunft geben und ihr Wissen über das geschichtsträchtige Erbe der ältesten deutschen Bischofsstadt vertiefen.

Wer sich für einen Bundesfreiwilligendienst in der Dominformation Trier interessiert, erhält hier weitere Informationen: www.dominformation.de

Artikel: Inge Hülpes


 

Bufdi mit Behinderung? Trau Dich!

Niklas Kedenburg (24) ist schwerstbehindert – und leistet seit einem Jahr seinen Dienst als Bundesfreiwilliger (Bufdi) bei der Trierischen Tonpost im Bistum Trier.

Niklas und Steven sind ein Team im Team: Während die übrigen Mitarbeitenden der Arbeitsstelle Medien für Blinde und Sehbehinderte an ihren Schreibtischen arbeiten, sitzen Bufdi Niklas und sein Integrationshelfer Steven Vengud (38) am Tonschnittplatz und erstellen einen Hör-Beitrag für die nächste Ausgabe der Trierischen Tonpost. Niklas führt Regie – Steven bedient das Schnittprogramm. Niklas macht die Ansagen – Steven setzt sie in die Tat um. Währenddessen schallt immer mal wieder herzliches Lachen durch die Korridore im Dachgeschoss des Bischöflichen Generalvikariats. Die beiden sind bestens aufeinander eingespielt, verstehen sich prächtig und haben Spaß bei der Arbeit. Für das Tonpost-Team um Chefin Nadja Merz war ziemlich schnell klar: Niklas und Steven gibt es nur im Doppelpack. Und mit diesem Doppelpack hat Merz sich auch gleich noch eine ordentliche Portion Frohsinn in ihr Team geholt. „Die beiden machen hier wirklich gute Stimmung”, freut sich die 34-Jährige. „Die FSJler und Bufdis sind fest in unsere Arbeitsabläufe eingebunden, müssen natürlich Deadlines einhalten und Prozesse ordentlich abwickeln. Das haben Niklas und Steven schnell verinnerlicht und dazu auch noch neue Ideen eingebracht. Auf die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse kann ich mich verlassen”, versichert Merz. 

„Für mich ist es normal, behindert zu sein”

Während Niklas Geburt kam es zu einer Sauerstoff-Unterversorgung. Seitdem hat er eine Spastik und kann seine Hände nur sehr eingeschränkt bewegen. „Bei meiner Geburt sind mehrere Areale im Gehirn abgestorben. Das hat zur Folge, dass meine Nerven die Muskeln nicht mehr richtig ansteuern können. Meine Muskeln verkrampfen sich also, weil sie die Informationen, die vom Hirn gesendet werden, falsch verarbeiten”, erklärt der gebürtige Hamburger sein Krankheitsbild. Deshalb ist der Rollstuhlfahrer im Job wie in der Freizeit auf seine Betreuer angewiesen. Einer davon ist Steven, Student der Erziehungswissenschaften an der Uni Trier. Als Integrationshelfer erledigt er alle anfallenden Handgriffe für Niklas. Ein Segen für den jungen Mann: „Ohne Steven wäre ich aufgeschmissen”, gibt er ohne Umschweife zu, und ergänzt: „Steven ist wirklich ein super toller Mensch.”

Mit seinem Schicksal komme er inzwischen ganz gut zurecht, versichert Niklas. „Ich bin auf dem ersten Arbeitsmarkt integriert und fühle mich damit sehr gut.” Nach seinem Fachabitur ging es für Niklas zunächst an die hiesige Hochschule zum Lebensmitteltechnik-Studium. Nach drei Semestern war allerdings Schluss, der Matheanteil zu kompliziert. Mit höherer Mathematik und dem räumlichen Denken hat Niklas so seine Probleme: „Ich bin halt als Baby nie herum gekrabbelt, daher konnte ich kein richtiges räumliches Vorstellungsvermögen entwickeln.” Liegt auf der Hand. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, orientierte er sich neu und bewarb sich als Bufdi bei der Tonpost. Es sei die Kombination aus Journalismus und Behindertenhilfe gewesen, die ihn an der Stelle gereizt habe. Ein weiterer Vorteil: Die Räume der Tonpost sind via Fahrstuhl erreichbar, zur Eingangstür des Gebäudes führt eine lange Rampe, der Arbeitsplatz ist also barrierefrei. Hier fühlt er sich wohl, denn er sei von Anfang an problemlos in das Team aufgenommen worden, in dem auch Menschen mit Beeinträchtigung des Sehvermögens arbeiten.

Apropos Behinderung und Beeinträchtigung: Schmerzt es Niklas, wenn er als “Behinderter” bezeichnet wird? Niklas winkt ab: „Ich fang jetzt nicht an zu heulen, wenn mich jemand behindert nennt. Es klingt bestimmt seltsam, aber ich bin gern behindert, denn ich kenne es ja nicht anders. Für mich ist es normal, behindert zu sein.” Was ihn störe, seien allerdings gestelzte Begriffe wie „Menschen mit besonderen Bedürfnissen”. „Da frage ich mich immer: Muss man mich denn noch mehr separieren? Ich hab die gleichen Bedürfnisse wie jeder andere auch.” Er wünsche sich, dass die Leute „nicht so geschwollen” über Menschen mit Behinderung sprechen würden und stattdessen mehr zuhören. „Und vor allem die anderen so leben lassen, wie sie es möchten”, ergänzt er.

Selbstbestimmung braucht Assistenz

Dass hierzulande in Sachen Barrierefreiheit nachgebessert werden muss, kommt auch zur Sprache: „Deutschland tut schon viel für Behinderte. Aber natürlich könnte man da noch an der ein oder anderen Stellschraube drehen.” Damit meint Niklas allerdings nicht nur Rampen und Fahrstühle, sondern vor allem das Recht auf Assistenz im Alltag, um als beeinträchtigter Mensch selbstbestimmt leben zu können. „Es müsste unkomplizierter sein, eine umfassende Betreuung genehmigt zu bekommen.” Denn bevor eine Assistenz bewilligt werde, müsse man sich erst einmal durch eine Menge Papierkram wälzen und sich stets aufs Neue vor unterschiedlichen Ämtern rechtfertigen. Das kostet Energie. „Wenn ich ein normales Leben führen will, ist Betreuung unumgänglich. Und auch mein Freiwilligendienst hier wäre ohne Assistenz gar nicht möglich. Doch da werden einem leider immer wieder Steine in den Weg gelegt.”

Zeit zum Entspannen bleibt Niklas nur selten. Um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, braucht er regelmäßige Therapien: Jede Woche stehen Physio-, Ergo- und Psychotherapie auf dem Plan. „Mit einem so komplexen Behinderungsbild hat man einen ganzen Rattenschwanz an Erledigungen – selbst nach einem langen Arbeitstag.” Da bleibt wenig Spielraum für Hobbies, außer für ein ganz besonders wichtiges. „Fußball ist bei mir heilig. Dafür ist immer Zeit”, schmunzelt der passionierte Bayern-München-Fan, der früher selbst Rollstuhl-Fußball gespielt hat. Und sogar Deutscher Meister wurde. Training und Wettkampf hat Niklas inzwischen jedoch aufgegeben. „Wenn man im Behindertensport aktiv ist, ist das oft mit Trauer verbunden”, berichtet er, und erzählt von diesem einen Jahr, in dem er den Tod von mehreren Teamkollegen verkraften musste. „Das hat mich sehr mitgenommen, deshalb hab ich mich aus dem Sport zurückgezogen. Das ist psychisch so belastend, dass du das irgendwann einfach nicht mehr hinkriegst.”

Im Anschluss an seinen Bundesfreiwilligendienst, also im kommenden Sommer, beginnt Niklas eine Ausbildung zum Bürokaufmann im Bischöflichen Generalvikariat. Was er anderen jungen Leuten empfehlen würde, die beeinträchtigt oder vorerkrankt sind, und überlegen, ob sie sich einen Freiwilligendienst zutrauen? „Die Krankheitsbilder sind so individuell; jeder muss für sich entscheiden, ob er sich kognitiv und im Zusammenspiel mit seiner Behinderung dazu in der Lage fühlt. Ich bin natürlich dafür, dass sich mehr Behinderte trauen, einen Freiwilligendienst zu machen. Deshalb sage ich: Traut euch!”

Weitere Informationen zur „Trierischen Tonpost” gibt es auf www.tonpost.de.

Artikel: Inge Hülpes


Geduld, Dankbarkeit und Einblicke in die Medizin

Ein Mann wird mit akuten Beschwerden im Brustraum in die Notaufnahme des Katholischen Klinikums Marienhof in Koblenz eingeliefert. Marie Beckermann bleibt ruhig und schließt ihn an die überwachenden Monitore an, macht einen Abstrich für den Corona-Test und spricht ihm gut zu. Seit Oktober absolviert die 19-Jährige aus dem Stadtteil Horchheim hier einen Freiwilligendienst und solche Augenblicke sind ihr Berufsalltag geworden. „Es ist nie hektisch, sondern alles läuft nach einer gewissen Routine“, berichtet sie bei einer Video-Schalte nach Feierabend.

"Ich bin von mir selbst beeindruckt"

Nach der letzten Abi-Prüfung 2021 hat Marie Beckermann sich gefragt, wie es für sie weitergehen soll. „Eigentlich wollte ich direkt studieren, aber durch die Corona-Pandemie ist mein Entschluss etwas ins Wanken geraten.“ Durch familiäre Verbindungen zu pflegerischen Berufen hat sie sich für einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) in einem Krankenhaus entschieden. „Es hat mir schon jetzt sehr, sehr viel gebracht“, schaut sie auf die vergangenen, auch anstrengenden sechs Monate zurück. „Ich habe mich selbst besser kennengelernt und bin von mir selbst beeindruckt, wie ich manchen Situationen begegne“, sagt sie mit einem gewissen Stolz, ohne dabei abgehoben zu wirken.

Allen, die mit dem Gedanken eines Freiwilligendienstes in der Notaufnahme spielen, kann die junge Frau ein paar Tipps geben: „Man braucht einen dicken Geduldsfaden gegenüber den Patientinnen und Patienten. Sie verstehen oft nicht, dass man ihnen nur helfen will“, spricht sie aus Erfahrung. Vielen gehe es nicht schnell genug, sie haben Angst und sind verunsichert – das ließen sie dann manchmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spüren. „Man darf das nicht alles an sich ranlassen und man muss ein dickes Fell haben. Das habe ich schnell gelernt.“ Auf der anderen Seite erfahre sie viel Dankbarkeit und Wertschätzung.  Neben diesen „soft skills“ hat sie im medizinischen Fachbereich viel gelernt. Also steht nach dem voraussichtlichen Abschluss Ende Juni ein Medizinstudium oder eine Ausbildung in der Pflege an? „Ich habe mich für Duale Studiengänge in der Verwaltung beworben“, sagt sie, denn das Themengebiet mache ihr viel Freude.

Betreuung durch Soziale Lerndienste im Bistum Trier

Bei ihrem Freiwilligendienst werden die Frauen und Männer nicht nur von Kolleginnen und Kollegen angeleitet, sondern auch von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier unterstützt. Diese bieten in Kooperation mit dem Caritasverband für die Diözese Trier die Möglichkeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) zu leisten. Sie arbeiten sechs, zwölf oder 18 Monate in sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Jugendzentren oder Kulturprojekten und Ganztagsschulen. Die Freiwilligen erhalten ein monatliches Taschengeld sowie Fahrtkostenerstattungen, die Sozialversicherungsbeiträge werden übernommen und der Kindergeldanspruch bleibt bestehen. Die begleitenden Seminare finden momentan in digitaler Form statt.

Wer über einen Freiwilligendienst im In- oder Ausland nachdenkt, kann sich hier informieren: www.soziale-lerndienste.de. Zudem finden am 17. Mai, 26. Juli und 27. September jeweils von 16 bis 18 Uhr digitale Info-Veranstaltungen statt. Anmeldung zu den virtuellen Veranstaltungen und weitere Informationen gibt es unter Tel.: 0651-993796300 oder per E-Mail an info(at)soziale-lerndienste.de

Artikel: Julia Fröder


 

Ein Jahr, um persönlich zu wachsen

Wenn Johanna Rennau von ihrem Bundesfreiwilligendienst im Haus Wasserburg in Vallendar berichtet, strahlt sie. „Hier herrscht eine zugewandte Arbeitsatmosphäre und alle begegnen sich auf Augenhöhe“, lobt die 20-Jährige aus Lehmen.

Im April 2021, gut zwei Wochen nach ihrer letzten Abitur-Prüfung, steigt sie im Jugendbildungshaus des Pallottinerordens ein. Es werden Orientierungstage für Schulklassen oder (Firm-)Gruppen angeboten. Die Palette an Möglichkeiten ist so bunt und vielfältig wie das Leben selbst: Bildung, Beratung und Begleitung, Gebet und Gottesdienste, Musik und Kultur. Jeder ist unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung willkommen. Die junge Frau kennt das schon seit ihrer frühesten Kindheit. „Der Ort hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin“, betont sie, „er hat mich in allen Lebensbereichen geprägt.“ Daher sei ihr schon lange klar gewesen, dass sie zumindest eine Zeit lang hier arbeiten möchte.

„Ich habe gelernt, selbstbewusster zu werden und aus mir rauszukommen“, blickt sie auf die letzten Monate zurück. Neben ihren Aufgaben, wie dem Empfang von Gästen oder dem Vorbereiten von Kursräumen, hat sie immer die Möglichkeit, selbst in die Angebote hinein zu schnuppern.

"Ich kann mich persönlich weiterentwickeln"

Bei ihrem Freiwilligendienst wird sie nicht nur von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihrer Einsatzstelle unterstützt, sondern auch von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier. Diese bieten in Kooperation mit dem Caritasverband für die Diözese Trier die Möglichkeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst zu leisten. Sie arbeiten sechs, zwölf oder 18 Monate in sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Jugendzentren oder in Krankenhäusern, Kulturprojekten und Ganztagsschulen. Die Freiwilligen erhalten ein monatliches Taschengeld sowie Fahrtkostenerstattungen, die Sozialversicherungsbeiträge werden übernommen und der Kindergeldanspruch bleibt bestehen. Die begleitenden Seminare finden momentan in digitaler Form statt, trotzdem ist Johanna begeistert von den Veranstaltungen. „Es macht Spaß, sich über bestimmte Themen wie mentale Gesundheit, Kommunikation und Glauben in der Gruppe auszutauschen. Ich kann daran wachsen und mich persönlich weiterentwickeln.“

Daher verwundert es nicht, dass sie ihren Freiwilligendienst von zwölf auf 18 Monate verlängert hat. „Ich bin jetzt schon traurig, wenn ich an das Ende denke.“ Im September endet ihr Dienst. Zum Wintersemester möchte sie ein Lehramtsstudium (Religion und Englisch) in Koblenz beginnen. Dem Haus bleibt sie selbstverständlich weiterhin erhalten und zwar als Honorarkraft.

Digitale Infoveranstaltungen zum Freiwilligendienst

Wer über einen Freiwilligendienst im In- oder Ausland nachdenkt, kann sich bei den Sozialen Lerndiensten über mögliche Einsatzstellen und Voraussetzungen informieren: www.soziale-lerndienste.de. Zudem finden am 17. Mai, 26. Juli und 27. September jeweils von 16 bis 18 Uhr digitale Info-Veranstaltungen statt. Weitere Infos und Anmeldung zu den virtuellen Veranstaltungen gibt es auch unter Tel.: 0651-993796300 oder per E-Mail an info(at)soziale-lerndienste.de

Mehr Informationen über Johanna Rennaus Einsatzort gibt es unter www.haus-wasserburg.de 

Artikel: Julia Fröder


 

Guerline Mertesacker ist froh, sich für ein FSJ in der Rhein-Mosel-Fachklinik entschieden zu haben

„Ich fühle mich richtig gut, wenn ich nach Hause komme“. Das liegt zum einen am Aufgabenbereich ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) und zum anderen an ihren Kolleginnen und Kollegen in der Andernacher Rhein-Mosel-Fachklinik (RMF), sagt Guerline Mertesacker.

Seit Dezember ist die junge Koblenzerin Teil des Teams in der Abteilung der Ergotherapie im Behandlungszentrum für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie. „Ich hatte vorher wenig Erfahrung in diesem Bereich“, gibt sie zu. Aber sie wollte schon immer in einem sozialen Beruf arbeiten. Ihr erster Ausbildungsberuf als Verkäuferin machte sie nicht richtig glücklich. Zum richtigen Zeitpunkt kam da die Empfehlung einer Bekannten, ein FSJ in Andernach zu absolvieren.

"Wir können alle in Depressionen fallen."

„Wir versuchen die Menschen zu motivieren, mit uns kreativ zu sein“, erklärt die 22-Jährige ihre Tätigkeit. Dazu unterstützt sie die Frauen und Männern zum Beispiel beim Handarbeiten oder gibt Anregungen für das Gestalten mit Ton oder Speckstein. Neben ein wenig handwerklichem Geschick ist es wichtig, „Spaß am Umgang mit Menschen zu haben. Von ihnen kann man viel lernen – wenn man offen ist“, benennt Guerline Mertesacker einige Voraussetzungen. Vorbehalte gegenüber der Arbeit in einer Psychiatrie hatte sie nicht: „Wir können alle in Depressionen fallen“. An sich selbst bemerkt sie, dass die letzten Monate sie selbstbewusster gemacht haben.

Die Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betreffen selbstverständlich auch den Arbeitsbereich von Guerline Mertesacker. „Viele Patienten ärgern sich über die Maske, aber es funktioniert trotzdem gut. Man muss eben kreativ sein“. Und Kreativität liegt der 22-Jährigen. So ist es nicht verwunderlich, dass das FSJ ihren Berufswunsch konkretisiert hat: Sie möchte im August eine Ausbildung zur Ergotherapeutin beginnen. Ihr jetziges Engagement wirkt sich dabei positiv aus. Im Vorfeld der Ausbildung ist nämlich ein Praktikum obligatorisch „und das habe ich ja dann schon erledigt“. Zudem bringt sie nun einige Erfahrungen mit in die Ausbildung. Im Anschluss könnte sie sich eine Selbstständigkeit als Ergotherapeutin vorstellen. „Aber ich finde auch meine Kollegen richtig cool“, fügt sie hinzu. Vielleicht wäre ja auch ihre momentane Einsatzstelle ein möglicher zukünftiger Arbeitgeber.

Artikel: Julia Fröder


 

Emilie Bernardy berichtet von ihrem FSJ im Herz-Jesu-Haus Kühr

„Ich gehe darin auf!“, sagt Emilie Bernardy über ihren Arbeitsplatz im Herz-Jesu-Haus Kühr in Niederfell. Die 17-Jährige absolviert in der Einrichtung für geistig Behinderte seit August ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Die Löferin ist schon seit vielen Jahren mit dem Haus verbunden, das liegt zum einen daran, dass Freunde und Familienmitglieder dort arbeiten, und zum anderen ist ihr Musikverein, in dem sie Saxophon spielt, dort regelmäßig zu Gast.

"Wie eine große Familie"

Nach ihrem Realschulabschluss im vergangenen Sommer ist sie nahtlos in ihr FSJ gestartet. „Ich wollte neue Eindrücke sammeln und schauen, ob Heilerziehungspflegerin wirklich der Beruf ist, den ich mal machen will“. Und hat sie nach etwa acht Monaten darauf eine Antwort gefunden? „Ich freue mich darauf, zur Arbeit zu gehen, denn kein Tag ist wie der andere. Und ich mag den Kontakt zu Menschen“, erwidert sie. Doch Emilie Bernardy gibt auch zu, dass die ersten Wochen gar nicht so leicht waren. „Am Anfang hatte ich etwas Berührungsängste, aber das hat sich ganz schnell gegeben.“ Und zwar als sie die einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren individuellen Vorlieben und Charaktereigenschaften kennengelernt hatte. Hinzu kam der Wechsel vom Schulalltag ins Berufsleben, der in einem Schichtdienst organisiert ist. Empfehlen kann sie das FSJ im Herz-Jesu-Haus jedem, der empathisch ist und mit dem Gedanken spielt, einen sozialen Beruf zu ergreifen. Sie schwärmt von der besonderen Atmosphäre in der Einrichtung. „Es kommt einem vor wie eine große Familie. Man fühlt sich direkt angenommen und aufgehoben.“

Bei ihrem Freiwilligendienst wird Emilie Bernardy nicht nur von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihrer Einsatzstelle betreut, sondern auch von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier. Diese bieten in Kooperation mit dem Caritasverband für die Diözese Trier die Möglichkeit, ein FSJ oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) zu leisten. Interessierte arbeiten sechs, zwölf oder 18 Monate in sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Jugendzentren oder in Krankenhäusern, Kulturprojekten und Ganztagsschulen. Die Freiwilligen erhalten ein monatliches Taschengeld sowie Fahrtkostenerstattungen, die Sozialversicherungsbeiträge werden übernommen und der Kindergeldanspruch bleibt bestehen. „Auch jetzt in diesen besonderen Zeiten ist der Einstieg möglich“, sagt Julia Gerz, Referentin der Sozialen Lerndienste. In den Einsatzstellen gelten die jeweiligen Corona-Schutzmaßnahmen. Die begleitenden Seminare finden momentan als Online-Kurse statt. „Trotzdem machen sie viel Spaß, weil man die Themen dort mitbestimmen kann“, berichtet Emilie Bernardy.

"Gemeinsam backen, kochen oder basteln ist möglich"

Die Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betreffen selbstverständlich auch ihren Arbeitsbereich. So muss sie während ihres Dienstes ständig eine Maske tragen. Eigentlich könnten sie und die Bewohnerinnen und Bewohner regelmäßig Ausflüge in umliegende Städte unternehmen oder ins Schwimmbad fahren – aber all das geht momentan leider nicht. Davon lässt sie sich aber ihre gute Stimmung nicht nehmen und geht die Herausforderungen kreativ an. „Gemeinsam backen, kochen oder basteln ist möglich“, betont sie. „Und ich gehe gerne mit ihnen spazieren“.

Ihr Berufswunsch hat sich durch das FSJ verstärkt, daher möchte sie im Sommer mit der Ausbildung zur Sozialassistentin beginnen, daran kann sie dann ihr Ziel – die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin – anschließen.

Artikel: Julia Fröder


 

Maria Iuhos wagt eine berufliche Neuorientierung und macht ihren BFD in einer integrativen KITA

Sie hat schon im Sand nach „Edelsteinen“ gegraben, es zur Bobbycar-Polizistin gebracht und sich zur Sandkuchen-Expertin gemausert: Maria Iuhos erlebt so manches Abenteuer mit ihren kleinen Schützlingen aus der „Marienkäfergruppe“. Die 47-Jährige macht ihren Bundesfreiwilligendienst in der integrativen Kindertageseinrichtung Haus Tobias im Stadtteil Trier-Feyen und betreut unter Anleitung der pädagogischen Fachkräfte zehn Kleinkinder im Alter von eineinhalb bis drei Jahren.

Iuhos ist dabei das beste Beispiel dafür, dass der Bundesfreiwilligendienst Menschen aller Alters- und Berufsgruppen anspricht, die sich für das Allgemeinwohl engagieren möchten: Die gebürtige Rumänin arbeitete in ihrer Heimat Siebenbürgen als Assistentin im Internationalen Amt einer Universität und kam vor zwei Jahren mit ihrem Partner nach Luxemburg. „Ich wollte mich beruflich neu orientieren und habe dann vom Bundesfreiwilligendienst in Deutschland erfahren. Ich finde das wirklich toll, dass auch ältere Menschen hier die Chance bekommen, in etwas ganz Neues reinzuschnuppern und sich darin auszuprobieren. Und für Ausländer wie mich ist es die perfekte Gelegenheit, die Sprache zu üben.“ So hat Iuhos, die zweisprachig mit Ungarisch und Rumänisch aufwuchs und später Englisch und Französisch lernte, gemeinsam mit den Kindern ihr Deutsch verbessert. Inzwischen spricht sie nicht nur fast perfekt Deutsch, sondern versucht sich auch an Luxemburgisch, was ihr aber noch schwer falle, wie sie schmunzeln zugibt. Das kleine Nachbarland gefällt ihr gut – es erinnere sie an ihre Heimat Siebenbürgen, weil es nicht so dicht besiedelt und eher ländlich geprägt sei. Um zu ihrer Einsatzstelle zu gelangen, nimmt Iuhos täglich drei Stunden Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Kauf – das sei aber kein Problem, da sie den Bufdi als Teilzeit-Dienst ausübe, erklärt sie.

Viele kostbare Momente mit den Kindern

Die Möglichkeit eines Teilzeitdienstes von mindestens 20 Stunden pro Woche ist für Menschen über 27 möglich, wie Julia Gerz, Referentin bei den Sozialen Lerndiensten, erklärt. Diese vom Bistum Trier und dem Caritasverband getragene Einrichtung vermittelt und begleitet Freiwillige während ihres Engagements – so wie Maria Iohos. Sie schätze besonders die begleitenden theoretischen Seminare: „Da werden verschiedene Themen wie Körpersprache, Rhetorik, Kreativität, Religion aufgegriffen. Und man hat Zeit, über Probleme und Positives von den Einsatzstellen zu sprechen, sich auszutauschen.“ In der Kindertagesstätte fühlt sich Iuhos sehr wohl – sie sei von Anfang an gut aufgenommen worden. Es sei aber auch kein Problem, in eine andere Einsatzstelle zu wechseln, sollte es nicht passen. Bei ihrer Wahl habe ihr geholfen, dass sie zuvor zwei Tage im Haus Tobias hospitieren konnte. Natürlich frage sie sich, ob es ein guter Zeitpunkt war, den Freiwilligendienst mitten in einer Pandemie anzutreten. „Es gibt natürlich Einschränkungen – unsere Gruppen und Kollegen sind aufgeteilt, dürfen sich nicht untereinander mischen; die Kinder sollen nicht gemeinsam singen. Aber es überwiegen die vielen kleinen, schönen Momente mit den Kindern – Klettern, Rutschen, im Sand spielen, Händewaschen oder einfach nur für sie da sein, sie in den Arm nehmen und trösten. Ich fühle mich hier einfach nochmal mehr wie ein Kind, spüre, wie ich kreativer werde und mich an Dinge erinnere, die mir früher Spaß machten, die ich schon vergessen hatte.“

Die Komfortzone verlassen

Die eigene Komfortzone verlassen, etwas Neues probieren, soziale Kontakte knüpfen – dazu wolle sie auch andere in ihrem Alter ermutigen. „Wenn ich es als fast 50-jährige Ausländerin schaffe, dann können andere das auch. Der Bufdi ist ein bisschen wie eine Entdeckungsreise. Man hat ein Jahr Zeit, herauszufinden ‚Passt das zu mir‘? Wenn es klappt, ist es eine Win-Win-Situation für alle und wenn nicht, ist es kein Weltuntergang.“ Und was danach kommt? „Die Arbeit macht mir definitiv große Freude, aber ich will derzeit in der Pandemie-Situation noch nichts planen, was sich dann vielleicht nicht umsetzen lässt. Deshalb schaue ich auf die nächsten fünf Monate und freue mich auf meine verbleibende Zeit im Haus Tobias, die ich intensiv nutzen möchte.“


 

Hannah Lillig berichtet von ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr in einer Förderschule

Trier – „In der Förderschule ist jeder Tag und jedes Kind wie eine Wundertüte: Du weißt nicht, was dich als nächstes erwartet“, lacht Hannah Lillig. Die schlanke junge Frau mit den blonden Locken gerät ins Schwärmen, wenn sie von ihrem Freiwilligendienst an der Porta-Nigra-Schule in Trier erzählt, einer Förderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung. Mit ihrem Abitur in der Tasche entschied sich Lillig, nicht wie viele ihrer Mitschüler ins Ausland zu gehen oder sofort ein Studium zu beginnen, sondern ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu absolvieren – begleitet von dem katholischen Träger „Soziale Lerndienste im Bistum Trier“. Und das, obwohl sie ihren Berufswunsch seit ihrer Kindheit fest vor Augen hat: Medizin studieren und Ärztin werden.

„Ich wollte ein Jahr komplett raus, etwas ganz anderes machen, arbeiten“, erklärt die 18-Jährige ihre Motivation für ein FSJ. Ihre Entscheidung für die Porta-Nigra-Schule fiel schnell: „Ich hatte schon recht viel Vorerfahrung in der Arbeit mit Kindern und wusste, dass mir das unheimlich viel Freude bereitet. Von daher war von Anfang an klar, dass es der pädagogische Bereich werden sollte. Da ich aber vor allem auch ganz neue Erfahrungen sammeln wollte und das Konzept einer Förderschule zuvor noch nicht kennengelernt hatte, entschied ich mich für die Porta-Nigra-Schule.“ Direkt nach ihrer letzten Abi-Prüfung hospitierte sie eine Woche lang an der Trierer Förderschule und war sofort begeistert: „Das pädagogische Konzept ist einfach toll und das Kollegium super nett. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und es sind auch richtige Freundschaften außerhalb der Arbeit entstanden.“

„Ich konnte sehr viel selbstständig machen und eigene Ideen einbringen“

Über einen langweiligen oder monotonen Arbeitsalltag konnte sich Lillig in den nächsten Monaten nicht beklagen: Sie arbeitete in einer Klasse mit sieben jüngeren Kindern, darunter Kinder mit Autismusspektrumsstörung, Entwicklungsverzögerung oder Trisomie 21. „Die Kinder waren zwischen acht und neun Jahre alt und hatten alle sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Fähigkeiten. Man muss einfach spontan schauen, was die Kinder einem anbieten oder brauchen“, berichtet Lillig. Grob strukturiert sehe der Tagesablauf so aus: „Morgens um viertel nach acht werden die Kinder mit Bussen zur Schule gebracht und um halb vier wieder abgeholt. Jeden Morgen haben wir einen Morgenkreis gemacht, bei dem ich viele eigene Ideen einbringen konnte. Dann wurde gefrühstückt und wir waren mit den Kindern auf dem Schulhof. Neben dem Erlernen von Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben haben wir viel Zeit mit Projekten verbracht. Zum Beispiel haben die Kinder das Buch ‚Elmar, der karierte Elefant‘ als Theaterstück gespielt und passend dazu viel zum Sachthema Elefanten gelernt.“ Außerdem gebe es verschiedene Therapien wie Schwimmen oder Reiten, so die 18-Jährige. „Wir haben auch Mobilitätstraining mit den Schülern gemacht – etwa, wie ich mich im Straßenverkehr bewege, Bus fahre oder einkaufen gehe.“ Auch unterstützte Kommunikation, wie zum Beispiel Gebärden, und vor allem auch das Musizieren spielen im Alltag eine große Rolle: „Es ist faszinierend, wenn Kinder, die sonst im Alltag kaum sprechen, beispielsweise ganze Texte auswendig mitsingen.“

Freude über jeden Erfolg der Kinder

Jeder Schüler, so betont Lillig, lerne in seinem eigenen Tempo und im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten – Vergleiche und Schulnoten gebe es nicht. „Man freut sich über alles, was das Kind schafft, über jeden kleinen Fortschritt. Und sei es, dass ich ein halbes Jahr lang mit einem Kind geübt habe, bis zehn zu zählen. Immer hat es die drei vergessen – und nach einem halben Jahr hat es dann geklappt und die Freude war riesig.“ Von Anfang an habe sie vieles selbst machen dürfen, ihr sei großes Vertrauen entgegen gebracht worden, erzählt Lillig. Wenn sie unsicher war oder Sorgen hatte, konnte sie sich immer an ihre Kolleginnen wenden. Gerade zu Anfang habe sie manchmal vor ungewohnten Situationen gestanden, wenn Kinder „bockig“ waren oder Wutanfälle bekamen. Mit der Zeit habe sie dann für jedes Kind individuelle, kreative Lösungen im Umgang entwickelt – jeden Tag neu. „Aber als schwieriger habe ich es empfunden, wenn es Kindern nicht gut ging und ich ihnen nicht helfen konnte, etwa, wenn ein Kind mit einer Sprachstörung mir von etwas erzählen wollte, ich es nicht verstanden habe und gemerkt habe, dass das Kind immer mehr verzweifelt. Gerade weil man in so einer kleinen Gruppe ein sehr enges Verhältnis zu den Kindern bekommt und sie einem so sehr ans Herz wachsen.“ Doch abgesehen von solchen Ausnahmen, sei es für sie überraschend gewesen, wie schnell sie die Behinderung der Kinder nicht mehr wirklich wahrgenommen habe. „Ich hatte erwartet, dass die Behinderungen insgesamt im Alltag präsenter sind. Ich habe noch nie zuvor eine Schule erlebt, an der jeder Tag von so viel Lebensfreude und Herzlichkeit geprägt ist. Das hat mich sehr berührt. “

Erfüllende Arbeit, die Selbstbewusstsein fördert

Nach einem knappen Dreivierteljahr kam dann für Lillig eine große Zäsur in ihrem FSJ: Der Corona-Shutdown betraf auch die Porta-Nigra-Schule. Von jetzt auf gleich war die Schule geschlossen, später im Notbetrieb. „Ich bin freiwillig weiterhin zur Schule gegangen, weil ich die Zeit dort sehr genossen habe. Da ich schon gut eingearbeitet war, konnten sie mich einsetzen und ältere oder gefährdete Kollegen eher mal zuhause bleiben.“ In den letzten Monaten half Lillig dabei, Materialien für die Kinder vorzubereiten, führte ein Schulblog, baute eine „Matschküche“ auf dem Schulhof und bemalte selbigen. Obwohl sie nicht mehr alle ‚ihre‘ Kinder sehen konnte, feierte sie einen kleinen Abschied mit einigen Kindern und dem Kollegium, bevor es für sie in ein Krankenpflegepraktikum im Brüderkrankenhaus ging: „Mein Herz hängt noch immer an der Medizin, aber dadurch, dass das Jahr so schön war, sind zwischendurch auch Zweifel gekommen, ob ich nicht doch Sonderpädagogik studieren soll. Aber ich möchte einfach später Medizin mit diesem Bereich verbinden – vielleicht als Kinderärztin“, sagt Lillig.

Was sie aus ihrem FSJ mitnimmt?

„Ich habe mich persönlich weiterentwickelt, habe mehr Selbstbewusstsein und obwohl ich sonst ein „Planer“ bin, habe ich bemerkt, wie schön es auch sein kann, in Situationen ganz intuitiv zu handeln. Ganz oft habe ich den Standardsatz von Leuten gehört ‚ich könnte das aber nicht, an einer Förderschule arbeiten‘. Das finde ich total schade, denn die Leute wissen gar nicht, was sie verpassen. Auch wenn es sich kitschig anhört – die Kinder geben einem so viel zurück und es ist eine wahnsinnig erfüllende Arbeit. Wenn ein Kind, das sehr scheu ist, sich nach einem halben Jahr plötzlich beim Essen auf deinen Schoß setzt – solch besondere Momente werde ich nie vergessen.“


Malissa Knobloch absolviert ihr FSJ bei der Lebenshilfe Trier

Trier - Nachdem ich meine Ausbildung als Altenpflegerin wegen gesundheitlicher Probleme vorzeitig beenden musste, habe ich nach einer anderen sozialen Arbeit gesucht, in der ich mich wohlfühle und weiterentwickeln kann.

Ich rief bei den Sozialen Lerndiensten an und sie haben mir eine freie FSJ Stelle in der Villa Henn angeboten. Die Villa Henn ist eine Tagesförderstätte für alle Erwachsenen mit einer geistigen bzw. körperlichen Behinderung, die nicht bzw. nicht mehr in der Lage sind, in den Lebenshilfe Werken zu arbeiten. Sie bietet ihnen, neben ihrem Zuhause und ihrem Alltag im Wohnheim, einen zweiten Lebensraum.

In der Tagesförderstätte versuchen wir die Fähigkeiten der betreuten Menschen zu erhalten bzw. zu erweitern. Wir versuchen sie so weit wie möglich in das gesellschaftliche Leben zu integrieren. Die frühste Aufnahme ist nach Beendigung der Schulpflicht möglich. Also mit ungefähr 18 bis 20 Jahren. In der Villa arbeiten Heilerziehungspfleger, Erzieher, Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Schüler der Heilerziehungspflege. Die Schwerpunkte der Tagesförderstätte liegen in der Umsetzung der Betreuung, Förderung, Arbeit, Pflege, Sport, Freizeit, Bildung und Integration der Behinderten Menschen. Die Besucher und ihre Angehörigen sollen ein weitergehendes erfülltes und selbstbestimmendes Leben in unserer Gemeinschaft haben.

Unterstützung bei den täglichen Aufgaben

Nach einem Hospitationstag in der Villa Henn war ich direkt begeistert und durfte dort auch am 01.12.2019 mein FSJ beginnen. Je länger ich Zeit in der Tagesförderstätte verbracht habe desto mehr merkte ich, wie viel die betreuten Menschen eigentlich selber übernehmen können. Ich durfte von Anfang an sehr viele Aufgaben übernehmen, was mir sehr viel bedeutet hat. Ich konnte meine Kollegen in sehr vielen Aufgaben unterstützen bzw. sie ihnen abnehmen. Ich bin mit den Betreuten einkaufen gegangen, habe mit ihnen gesungen und Spiele gespielt. Wir haben hauswirtschaftliche Aufgaben erledigt, wie z.B. den Tisch zusammen decken und wieder abräumen. Manchen Klienten musste ich Essen und Trinken anreichen. Die Pflege von vielen Betreuten habe ich auch übernommen.

Neue Aufgaben im Wohnheim

Als wir dann durch die Corona - Pandemie im März die Tagesförderstätte schließen mussten, wurden wir auf die Wohnheime aufgeteilt. Viele meiner Kollegen und ich wurden dann im Wohnheim in der Theobaldstraße eingesetzt. Das war zuerst eine große Umstellung. Doch durch die Unterstützung meines Kollegen, mit dem ich in einer Gruppe eingeteilt war, konnten wir uns sehr schnell an den Tagesablauf gewöhnen. Im Wohnheim waren viele Aufgaben anders als in der Tagesförderstätte.

Meine hauptsächlichen Aufgaben waren, mit den Bewohnern spazieren gehen, Spiele spielen, etwas vorzulesen, Fernsehen schauen, wenn nach Möglichkeit etwas zu backen oder zu kochen, die Pflege der Betreuten wie z.B. Toilettengänge und duschen und natürlich sie so oft es geht zum Lachen zu bringen. Ich konnte die Betreuten mal von einer ganz anderen Seite erleben, als man das in der Tagesbetreuung oft mitbekommt. Durch die zwei Therapeutinnen, die aus der Tagesförderstätte mit ins Wohnheim gekommen sind, konnten wir auch so gut es ging bei den Klienten die körperlichen Fähigkeiten aufrecht erhalten.

Persönliche Weiterentwicklung

Wenn ich an mein FSJ zurückdenke würde ich mich gerne bei den Kollegen und Kolleginnen aus meinen beiden Gruppen bedanken, für die liebe Aufnahme und das Verständnis mir gegenüber. Ich habe viel im Zusammenhang über die Klienten und deren Krankheiten gelernt. Ich konnte mich bei Fragen immer an sie wenden und musste nie etwas tun, bei dem ich mich unwohl fühlte. Vor allem möchte ich aber meinem Kollegen, mit dem ich im Wohnheim auf einer Gruppe die Tagesbetreuung geleistet habe, danken. Er hat mich sehr gut durch die ganze Zeit der Corona – Pandemie begleitet, hatte immer ein offenes Ohr und mich immer bei der Arbeit unterstützt. In den 8 Monaten meines FSJ’s konnte ich mich beruflich aber vor allem persönlich weiterentwickeln.

"Ich habe meinen Weg gefunden"

Dieses schöne Gefühl, was man von den behinderten Menschen vermittelt bekommt, kann ich einfach nicht in Worte fassen. So viel Spaß hat mir eine Tätigkeit noch nie zuvor in meinem Leben bereitet. Ich kann jedem, der über ein FSJ nachdenkt, es wirklich nur weiterempfehlen. Durch diese 8 Monate habe ich einen Weg für mich gefunden, der mich glücklich macht und ich werde auf jeden Fall in diesem Bereich bleiben.

Im August 2020 fange ich den Sozialassistenten an der BBS-EHS an, um im Anschluss eine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin zu beginnen. Ich bin für diese schöne Zeit unendlich dankbar!


Sebastian Pohl absolviert seinen BFD im Kolpinghaus Koblenz

Koblenz – „Es ist ein Treffpunkt zum Quatschen und Lernen“, sagt Sebastian Pohlmann. Der Neuwieder leistet noch bis Ende des Jahres einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Kolpinghaus in Koblenz und ist dort verantwortlich für den hauseigenen Pub.

„Ich frage die Leute, wie ihr Tag so war“, berichtet der 21-Jährige. Manchmal reden die Besucherinnen und Besucher sich an der Theke die Sorgen von der Seele; andere stehen am Kicker oder sitzen vor der Spielekonsole. Das Kolpinghaus ist eine katholische Wohn-, Freizeit-, und Bildungseinrichtung für junge Leute, in der sie  während ihrer Ausbildungs- oder Schulzeit dauerhaft wohnen können. Oder sie bleiben nur für ein paar Tage während eines Seminars und einer Fortbildung. Auch minderjährige unbegleitete Flüchtlinge können hier wohnen.

Selbstständiges Arbeiten als Bereicherung

Zu den Annehmlichkeiten des Hauses gehört eben auch ein Pub. Auf dem „Trockenen“ muss in der Kellerbar niemand sitzen. Sebastian Pohlmann behält den Überblick über die Bestände von Bier, Softgetränken oder Energy-Drinks und gibt die Getränke an die Kundinnen und Kunden heraus. Für die Abläufe in der Bar ist er alleine verantwortlich.

Während der ersten Corona-Beschränkungen musste allerdings auch der Pub schließen. Dann hat Sebastian einfach mehr Aufgaben im hauswirtschaftlichen Bereich übernommen. „Ich habe zum Beispiel Türgriffe desinfiziert oder Zimmer gereinigt“. Nun beginnt sein Arbeitstag aber wieder wie gewohnt um 15.30 Uhr. Um Mitternacht schließt er die Bar, räumt auf und radelt mit seinem e-Bike bis zu seinem Wohnort Neuwied zurück.

Den BFD im Kolpinghaus empfiehlt er in jedem Fall weiter. „Das selbstständige Arbeiten gefällt mir richtig gut und unterscheidet sich zum Beispiel von Praktikumsstellen, die ich schon hatte“. Eine gewisse Selbstständigkeit sollte man als BFD im Pub daher mitbringen, sagt Sebastian. „Zudem muss man den Überblick behalten und mit Gruppen umgehen können aber auch mit sich alleine klarkommen, wenn mal keine Gäste da sind“, erklärt er. Doch man sei nie ganz alleine im Haus, Ansprechpartner stehen jederzeit zur Verfügung. „Alle, mit denen ich Kontakt habe, sind super nett und hilfsbereit. Wenn man Probleme hat, findet man immer ein offenes Ohr“.

Freiwilligendienst als Orientierungsjahr

Sebastian ist noch auf der Suche nach seinem Traumberuf. Bevor im Januar sein BFD startete, absolvierte er eine Ausbildung zum Sozialassistenten und begann eine Erzieherausbildung. „Doch das war nicht so mein Ding“. Um sich neu zu orientieren, suchte er dann einen Freiwilligendienst. In die Gastronomie möchte er im Anschluss aber nicht einsteigen. „Ich will auf meine Stärken schauen und anhand dieser einen Job mit Hilfe der Arbeitsagentur auswählen“, erklärt der junge Mann seinen weiteren Plan. Gerne würde er sein Hobby – das Schreiben von Fantasy-Geschichten – zum Beruf machen, doch da ist er realistisch. „Das schaffen nur sehr wenige“.


Ilka Melzer verrichtet ihren „engagierten Vorruhestand” in einem Wohnheim für beeinträchtigte Menschen

Kleinblittersdorf – Im vergangenen Jahr um diese Zeit saß Ilka Melzer noch im Beschwerdemanagement der Deutschen Telekom. Ihre Berufslaufbahn bezeichnet sie als „klassische Beamtenlaufbahn” mit vielfältigen und abwechslungsreichen Tätigkeiten: Kundenkontakt, die Ausbildung von neuen Kollegen, Stationen in Saarbrücken und Ludwigshafen und eben zuletzt das Beschwerdemanagement. Ihr Arbeitgeber hat der Bundesbeamtin angeboten, in den Vorruhestand zu treten. Voraussetzung dafür war die Bereitschaft, entweder 1.000 ehrenamtliche Stunden zu leisten oder ein Jahr lang als Bundesfreiwillige im sozialen Bereich zu arbeiten. Melzer hat den Freiwilligendienst gewählt und arbeitet nun einem Wohnheim für beeinträchtigte Menschen der Barmherzigen Brüder in Kleinblittersdorf.

"Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben."

Nach anfänglicher Skepsis ist sie froh mit ihrer Entscheidung: „Ich hatte in meinem Leben so viel Glück, dass ich der Gesellschaft etwas zurückgeben will.” Mit ihren Aufgaben im Haus St. Kamillus 3 ist sie so zufrieden, dass sie zurzeit überlegt, ihr Engagement auf 18 Monate auszudehnen.

Ein Bewohner hat sie zu Beginn liebevoll „die Küchenfrau” genannt, denn dort ist sie meistens zu finden. Ihr Arbeitstag beginnt um 7.30 Uhr: Sie kocht Kaffee und bereitet Brötchen und Aufstrich für das Frühstück vor, die 20 Bewohner im Haus – bis auf eine Frau ausschließlich Männer – decken den Tisch. Die Menschen hier brauchen aufgrund von Alkoholproblemen mit Folgeerkrankungen Unterstützung im Alltag und können nicht mehr allein leben.

"Man wächst mit seinen Aufgaben."

Schnell wurde sie zu einer Vertrauensperson. „Durch meine Aufgaben kann ich das Pflegepersonal entlasten und mir die Zeit nehmen, wenn jemand fragt, ob ich ihm behilflich sein kann, die Hosenträger anzuziehen. Meine Tür steht immer offen, das wissen die Bewohner auch”, erklärt Melzer die besondere Rolle, die sie als Freiwillige in der Einrichtung spielt. Auch ihrem Chef Elmar Martini, Abteilungsleiter des Hauses, merkt man an, wie froh er ist, dass Melzer zum Team gehört. Fremde Erwachsene so eng zu betreuen, ihnen beim Anziehen zu helfen oder sie zum Arzt zu begleiten, das hat sie anfangs nicht für möglich gehalten: „Das war für mich ein Meilenstein. Man wächst mit seinen Aufgaben.”

Eine ehemalige Arbeitskollegin hat Melzer den Tipp gegeben, sich in der Einrichtung zu bewerben und dafür ist sie ihr heute noch dankbar: „Ich habe hier ein tolles Team, nette Menschen und eine Leitung, die immer hinter mir steht und mich unterstützt.” Neben ihrer geregelten Arbeitswoche, in der sie werktags mit dem Frühstück und Mittagessen für die Versorgung der Bewohner mitverantwortlich ist, ist sie auch bei den Festen im Haus mit dabei: Im Multifunktionsraum wurde Weihnachten und Fastnacht gefeiert. Corona machte dann auch hier das Leben schwerer. Abläufe wurden verändert, was die Bewohner, die eine klare Tagesstruktur brauchen, verunsichert hat. „Die Anfangsphase der Pandemie war eine schlimme Zeit. Trotzdem hat alles gut geklappt. Es gab wenig Konflikte”, freut sie sich über die gute Zusammenarbeit im Haus.

Die Seminare als Bereicherung

Ebenso bereichernd wie die Arbeit im Haus St. Kamillus 3 sind für sie auch die begleitenden Seminare, die von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier organisiert werden. „Die Menschen, auch aus anderen Ländern wie Kenia, Simbabwe und Indien hätte ich privat nie kennengelernt.”

Bewegend sind für Ilka Melzer manche Reaktionen, wenn sie mit den Bewohnern zu Arztbesuchen unterwegs ist. „Wenn Menschen so abweisend reagieren, beispielsweise das Wartezimmer verlassen, wenn wir auch drin sitzen, dann werde ich auch wütend”, schildert sie diese Erfahrung. Vor allem weil sie jetzt nach dem knappen Jahr in Kleinblittersdorf weiß, wie bereichernd die Arbeit hier ist: „Man gibt und bekommt zurück, man muss es nur zulassen. Und ältere Leute haben viel zu geben, das müssten noch viel mehr machen. Das hier ist ein würdiger Abschluss meines Arbeitslebens.”


Selina Dahler verrichtet ihren BFD im Alten- und Pflegeheim Stift St. Irminen

Trier/Konz – Vor kurzem hat sie noch fürs Abi gepaukt, jetzt pflegt Selina Dahler (19) im Schichtdienst Seniorinnen und Senioren im Alten- und Pflegeheim Stift St. Irminen. Unterstützt wird sie dabei von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier. Mit dem sechsmonatigen Bundesfreiwilligendienst bei den Vereinigten Hospitien Trier überbrückt sie sinnvoll die Zeit bis zum Studienbeginn und leistet einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Ihr Einstieg fiel genau in die Zeit des Corona-Shutdowns, der Ausnahmefall ist für sie Normalität. Drei Monate sind inzwischen vergangen – und Selina ist um einige Erfahrungen reicher. Eine Zwischenbilanz. 

Keine Gruppenaktivitäten, das Mittagessen wird auf den Zimmern serviert und Besuche müssen zum Schutz vor dem gefährlichen Covid-19-Virus unter strengen Hygieneauflagen erfolgen: Corona stellt das Personal und die Bewohner des Pflegeheims St. Irminen im Herzen der Trierer Innenstadt vor erhebliche Herausforderungen. „Manche Senioren reagieren sehr sensibel auf die Einsamkeit und sind traurig“, erzählt Selina. Anfangs habe sie noch „krampfhaft versucht“, gute Laune zu verbreiten. „Das klappt aber nicht immer. Man stößt an seine Grenzen und es wird einem klar, dass man nicht der Retter der Welt ist.“ Gleichsam freue sie sich jedes Mal aufs Neue, wenn sie es dann doch mal schaffe, jemanden – und sei es nur für kurze Zeit – ein wenig aufzumuntern. „Man bekommt so viele unterschiedliche Schicksale mit und setzt sich mit Themen auseinander, mit denen man vorher noch nie in Berührung gekommen ist, oder die man sogar aktiv ausgeblendet hat“, berichtet sie, und meint damit die Einsamkeit, die manche Senioren verspüren, und den Tod.

Alltag umgekrempelt – neue Sicht auf die Dinge

Der jungen Frau aus Konz sei wichtig gewesen, vor Beginn ihres Psychologiestudiums im kommenden Herbst herauszufinden, ob sie der Herausforderung gewachsen sei, tagtäglich eng mit Menschen zu arbeiten. Seit sie das tut, hat sich ihr Leben grundlegend verändert. Dabei spielen nicht nur äußere Faktoren wie etwa der Schichtdienst, der den Biorhythmus schnell mal auf den Kopf stellt, eine Rolle. „Ich hab immer gedacht, Schule sei anstrengend“, lacht sie. Manchmal arbeitet sie zwölf Tage am Stück und hat dann vier Tage frei. Auch der Wechsel zwischen Früh- und Spätdienst sei gewöhnungsbedürftig und schlage schon mal aufs Gemüt. „Ich habe wirklich Respekt vor meinen Kolleginnen und Kollegen – den Menschen, die diesen Beruf ein ganzes Arbeitsleben lang ausüben“, betont Selina. Neben dem engen Austausch im Team haben die Freiwilligen täglich die Gelegenheit, Situationen, die sie besonders belasten, anzusprechen. Ergänzend finden regelmäßig Reflexionsgespräche statt. Wer mit einer Psychologin sprechen möchte, finde in den Mitarbeiterinnen der angeschlossenen Gerontologischen Beratungsstelle jederzeit eine Ansprechpartnerin. „Daneben ermutigen wir die Mitarbeitenden auch, eine seelsorgerische Begleitung anzunehmen“, so Siemer. Auch das Team der Sozialen Lerndienste im Bistum Trier steht den Freiwilligen bei Fragen oder Problemen stets zur Seite.

Inzwischen habe Selina eine völlig neue Sicht darauf, was Verantwortung bedeutet. „Die eigenen Bedürfnisse sind nicht mehr so wichtig wie vorher in der Schule. Dort ist man für sich selbst verantwortlich, z.B. wenn man keine Lust hat zu lernen: Die Konsequenzen daraus betreffen nur mich. Hier ist es anders. Hier kann ich nicht sagen, ich habe keine Lust, mit einer bestimmten Bewohnerin zur Toilette zu gehen. Schlimmstenfalls versucht sie es dann allein und stürzt. Das wäre unwürdig und hätte weitreichende Konsequenzen. Das wird einem hier bewusst.“ Auch ihre Freizeit gestaltet Selina umsichtiger als zuvor. „In den ersten Wochen habe ich mich wegen Corona komplett abgeschottet“, erzählt die 19-Jährige, die vor ihrem Bundesfreiwilligendienst statt Senioren Kinder auf Ferienfreizeiten betreut hat. „Ich habe weniger Angst, mich selbst anzustecken, als das Corona-Virus in die Einrichtung einzuschleppen und unsere Bewohner zu infizieren.“ Sogenannte Corona-Partys, auf denen Jugendliche und junge Erwachsene zuhauf gegen Hygieneregeln verstoßen, sind für sie ein klares No-Go. Auch ihre Hobbies Klettern und Poetry-Slam stellt die ehemalige Chefredakteurin der AVG-Schülerzeitung zurzeit hintenan.

Pudding im Gulasch

Oft gehe es auch sehr heiter zu in dem Pflegeheim und auch an kuriosen Situationen mangele es nicht. Als sie zum ersten Mal eine Kaffeekanne in der Kloschlüssel vorgefunden habe, sei sie schon verwundert gewesen, erzählt Selina. Das müsse man dann einfach mit Humor nehmen. Die Bewohner leiden mitunter an Demenz, können also etwa nicht mehr selbst beurteilen, ob der Pudding nun auf den Löffel oder ins Gulasch gehöre. „Da muss man schon dahinter sein“, erzählt Selina. Der körperliche Kontakt in der Assistenz beim Waschen oder „Zähne anziehen“ sei für sie schnell ganz selbstverständlich geworden, obwohl sie keinerlei Pflege-Erfahrung vorzuweisen hatte. „Man denkt gar nicht mehr darüber nach, wenn man es erst mal macht. Da sind Leute und die brauchen Hilfe. Punkt“, sagt sie über ihren Job, der ein Höchstmaß an Geduld erfordere und bei dem man persönliche Befindlichkeiten auch mal zurückstellen müsse.

Was sich in der Pflege ändern muss

Zur aktuellen Debatte um eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal, die durch den Ausbruch des Corona-Virus an Fahrt aufgenommen hat, hat sie daher eine klare Meinung: „Sie kommt zu spät! Die Debatte ist wichtig und muss geführt werden. Doch ich frage mich, was nach der Corona-Zeit davon hängen bleibt. Werden dann einfach Prämien gezahlt und das war’s dann? Natürlich freuen sich die Kollegen über einen Bonus, aber das reicht nicht.“ Das Pflege-Team in St. Irminen, das aus 74 Mitarbeitenden besteht, sei sehr gut aufgestellt, so Selinas Eindruck, es müsse aber generell über die Arbeitsbedingungen in der Pflege gesprochen werden. „Ich würde mir von Gesellschaft und Politik wünschen, dass man die deutschlandweite Respekt-Debatte weniger mit Applaus auf dem Balkon führen würde, und stattdessen Tatsachen sprechen ließe“, womit sie einen höheren Personalschlüssel und die Aufstockung finanzieller Mittel meint. „Eine Entlastung des Personals würde ja vor allem auch den Bewohnern zugutekommen.“

Denn am Schönsten sei es, Zeit für einzelne Bewohner zu haben. Einige der zurzeit 168 Bewohnerinnen und Bewohner sind ihr jetzt schon sehr ans Herz gewachsen, gesteht Selina. „Manche hab ich echt lieb und ich werde sie sicherlich vermissen, wenn mein Dienst hier beendet ist.“


Paula Sophie Geist absolviert ihren Bundesfreiwilligendienst im Klimaschutzmanagement des Bistums

Trier - Mein Name ist Paula Sophie Geist und ich habe im März dieses Jahres (2020) meine Schulzeit mit dem Abitur abgeschlossen. Ich werde nun ein Jahr lang meinen Freiwilligendienst bei der Klimainitiative des Bistums absolvieren und die Klimaschutzmanagerin Frau Charlotte Kleinwächter bei anstehenden Projekten unterstützen. Besonders freue ich mich auf die Umsetzung eigener, kleinerer Projekte.

Warum habe ich mich dazu entschieden meinen Bundesfreiwilligendient bei der Klimainitiative des Bistums zu absolvieren?

Zurzeit weiß ich noch nicht genau, welche berufliche Richtung ich in der Zukunft einschlagen werde. Ich möchte mir noch etwas Zeit nehmen, eine endgültige Entscheidung zu treffen und das Jahr nach meinem Abitur dazu nutzen, mich zu orientieren und praktische Erfahrungen zu sammeln. Während meines Jahres bei der Klimainitiative erwarte ich, mehr über den Klimaschutz und dessen konkrete Umsetzung zu erfahren. Außerdem bin ich sehr daran interessiert, mehr über die Aktionen und Aktivitäten einer Klimaschutzmanagerin und die damit verbundene Verwaltungsarbeit zu erfahren.

In meiner Schulzeit konnten mich meine Leistungskurse Deutsch, Biologie und Erdkunde sehr für die Themen rund um unsere Umwelt begeistern. Insbesondere die aktuelle Klimaproblematik sowie die Folgen unseres Handelns wurden thematisiert und regten mich dazu an, mein eigenes Konsumverhalten und dessen Auswirkungen auf unsere Ökosysteme zu hinterfragen. Oft ist uns leider nicht bewusst, was für erhebliche, irreversible Schäden wir unserem einzigartigen Planeten Erde durch unüberlegtes Handeln zufügen. Dabei ist der Klimawandel bereits heute in Deutschland und auf der ganzen Welt wahrnehmbar. Extreme Wetterereignisse sowie trockenere Sommer und mildere Winter sind nur einige wenige Indizien für diese drastische Veränderung.

Bei den alltäglichen Dingen anfangen

Ich möchte mich gerne im Rahmen meines Freiwilligendienstes engagieren und meinen Beitrag leisten, eine ökologischere und sozial gerechtere Welt zu gestalten, und das am besten vor Ort in Trier. Veranstaltungen vorbereiten und durchführen oder bei der Öffentlichkeitsarbeit helfen, sind Aufgabenfelder, die mich sehr interessieren. Mir persönlich ist es wichtig, ein Bewusstsein über die Verwundbarkeit unserer Mutter Erde zu schaffen, denn der Klimawandel geht uns alle etwas an. Dabei geht es nicht darum, den eigenen Lebensstil komplett infrage zu stellen - ich meine wer fährt nicht gerne in den Urlaub ans Meer oder in die Berge? Vielmehr gilt es bei den kleinen, alltäglichen Dingen anzufangen. Maßvolles, bewusstes Handeln eines/r jeden Einzelnen kann eine Inspiration für andere sein. Das große Ganze ist es letztendlich, auf das es ankommt.

Besonders am Herzen liegt mir der Waldschutz. Während meiner wöchentlichen Laufrunde durch den Trierer Weißhauswald wird mir jedes Mal aufs Neue bewusst, dass der Wald voller Schätze steckt, die es zu bewahren gilt. Zudem hängen unser Leben und unsere Lebensqualität enorm von der Gesundheit des Waldes ab. Er schenkt uns Sauerstoff zum Atmen, Wasser zum Trinken, Holz zur weiteren Verarbeitung und ist unverzichtbar für unsere biologische Artenvielfalt. All diese Leistungen, die der Wald auf natürliche Art und Weise für uns Menschen und unsere Umwelt bereitstellt, sind von existenzieller Bedeutung. Dennoch wird der Wald als Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen besonders mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben. 73% der Bäume sind bereits heute verwundet, mitunter bedingt durch den Klimawandel.

Fridays for Future

Erfreulicherweise gewinnt der Klimaschutz heutzutage immer mehr an Bedeutung, insbesondere in der jüngeren Generation.Die Fridays for Future- Bewegung und andere Gruppierungen sind es, die aktiv ein wichtiges Zeichen für unsere Zukunft setzten und die Bedeutsamkeit des Klimaschutzes in die Gesellschaft tragen. In diesem Sinne möchte ich nun ebenfalls durch meinen Freiwilligendienst beim Bistum mithelfen, die Klimainitiative „Energiebewusst“ öffentlicher zu machen, um weitere Menschen für den Klimaschutz zu sensibilisieren.

Paula Sophie Geist, Bundesfreiwillige im Klimaschutzmanagement des Bistums

 

Zitat:

Viele kleine Leute in

vielen kleinen Orten, die

viele kleine Dinge tun,

können das Gesicht der

Welt verändern.

Afrikanisches Sprichwort

 

Quelle: Klimainitiative ENERGIEBEWUSST (Hrsg.) 2020: KlimaLetter 2020, S. 13-15.